Tiere und andere Menschen, 2014

Bettina Zuppinger hält in ihren Bildern die Momente nach dem Störfall fest. Die Landschaft kahl. Kein Baum, keine Pflanze weit und breit. Zurück bleibt das Tier oder der andere Mensch. Verloren in seiner Einsamkeit, auch in der Gemeinschaft, verharrend in seiner Wut, verankert in dieser Öde. Schutzlos.

Bettina Zuppinger verfremdet in ihren Bildern das Tier und somit den Menschen. Nimmt ihnen das Selbstverständliche, das Bekannte und wirft uns auf uns selbst zurück.

Den Blicken, verloren in der Masse Körper, wir können ihnen nicht entweichen und halten Rückschau.

Immer stiller wird es. Der Boden bebt nicht mehr . Der Angriff auf den Betrachter, erfolgt im Danach und wird gerade deshalb um so bedrohlicher. Die Gefahr lauert. Es ist ein Warten, das nichts Gutes bringt.

Gibt es sie noch, diese anderen Menschen, die Wache halten, sich auf die Gruppe und den Schutz der Erdhöhlen verlassen ? Diese anderen Menschen, geborgen in ihrer Rolle ? Waren wir es oder sind es unsere Kinder noch ? Ist dies ein Trost ?

Können wir dieses soziale Geflecht wiederherstellen ? Vielleicht nur, indem wir uns der Bedrohung aussetzen, den Blicken standhalten, unserer Nackheit gewahr werden, vielleicht nur dann. — Franziska Gopenko, Autorin



Safari, 2012

Der Humor rückt den Augenblick an die richtige Stelle. Er lehrt uns die wahre Grössenordung und die endgültige Perspektive. Er macht die Erde zu einem kleinen Stern, die Weltgeschichte zu einem Atemzug und uns selber bescheiden. — Erich Kästner


Auf einem Sockel sitzt ein Riesenbaby und schaut hinunter auf seine winzige Mutter. Diese steht leicht nach vorne gebeugt da, bereit ihrem Kind jeden Wunsch zu erfüllen. Das Baby braucht nicht zu schreien, es schaut fordernd, unaufhörlich fordernd. Wir sind ihnen begegnet, in der Strassenbahn, im Geschäft, auf Besuch bei Freunden. Oder ist es gar unsere eigene Familie, die uns da entgegen blickt?

Bettina Zuppingers Skulpturen halten Momente fest, der Betrachter macht sie zu Geschichten. Die Künstlerin will nicht belehren. Sie schafft mit ihrem Humor Distanz. Wir sind nicht das, was wir zu sein glauben und können darüber lachen. Und selbst das Nashorn oder der Gorilla gehören zu unserer Alltagswelt. Situationen aus dem Berufs- und Privatleben werden zum Tier. So verwandelt sich die Safari zu einer Entdeckungsreise unserer selbst. Bettina Zuppinger hat ihre Skulpturen zum ersten Mal in Bronze gegossen. Sie erinnert uns mit ihren Objekten daran, den augenzwinkernden Blick auf den Alltag nicht zu vergessen. — Marion Wild, Kuratorin



Safari, 2012

Ein Nashorn, rot wie ein Signal, durchquert langsam mit gesenktem Kopf, den es müde zu uns zurück dreht, eine Gegend aus grauen Schlieren.

Ein Nashorn steht still auf seinem Schatten, allein, in einer grünlich-grauen Ebene. Es schaut an uns vorbei in eine gleichförmige Weite, die endlos zu sein scheint. Es steht kämpferisch, aber nicht angriffslustig. Unentschlossen. Nebel überall. Er durchringt das grün-rote Fell einer Hyäne auf dem Streifzug. Die Schwaden dringen in sein offenes Rückgrat, das Mark mengt sich mit der Luft.

Ein Nashorn und eine Geiss starren in einen blauen Topf, aus dem Rauch quillt. Blaue Farbe, die sich in Sonnengelb hineinmischt. Und zwei, die ansonsten nichts miteinander zu schaffen haben, sehen dieser Veränderung bewegungslos zu.


Weiter geschieht nichts.


Die Tiere von Bettina Zuppinger stellen unserer Verlorenheit nach, in der auch sie verloren gehen. Ihrer Art und ihrer Umwelt völlig entfremdet, schauen sie uns an, betrachten uns. Das Tier, unser heimliches Spiegelbild, unser besseres, empfindlicheres Selbst. — Susann Wintsch, Kuratorin